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Heuaufguss aufsetzen für wuselige Präparate

In der Rubrik "Präparatgedöns" geht es zum Auftakt um das Thema "Heuaufguss". Ein Heuaufguss ist eine beliebte Quelle für spannende Lebendpräparate zum Mikroskopieren, wie das folgende Video demonstriert:

Wenn du dir ein ähnliches Gewusel ins Foldscopes holen möchtest, kannst du hier nachlesen, wie du selbst einen Heuaufguss herstellen kannst.

 

Im ersten Abschnitt ist kurz erläutert, was im Heuaufguss überhaupt passiert. Im folgenden Abschnitt findest du eine Checkliste, die zusammenfasst, was du für deinen ersten Heuaufguss brauchst. Anschließend erläutert ein Abschnitt, wie du aus dem fertigen Heuaufguss ein Präparat herstellst. Im letzten Abschnitt sind Fehlerquellen beschrieben, die dafür sorgen können, dass sich im Heuaufguss nichts vermehrt.

Was passiert im Heuaufguss?

Die Bezeichnung Heuaufguss kommt daher, dass Heu mit Wasser übergossen wird. Heu und Wasser bleiben anschließend eine gewisse Zeit zusammen stehen. Dadurch erzeugst du Bedingungen, unter denen sich eindrucksvolle größere Mikroorganismen besonders gut vermehren. Im oben verlinkten Video sind dies in erster Linie Wimperntierchen, wie z.B. Pantoffeltierchen.

Bild von einem Glas mit Heuaufguss.
Fertiger Heuaufguss. Da in der Küche das einzige Nordfenster (→kein direktes Sonnenlicht) ist, ist aus Geruchsgründen ein Deckel auf dem Glas. Der Deckel wurde mindestens einmal am Tag geöffnet, damit immer genug Sauerstoff vorhanden ist.

Damit sich diese großen Mikroorganismen ausreichend vermehren, brauchst du zum einen ein paar dieser Mikroorganismen, zum anderen aber auch etwas, wovon sie sich ernähren können. Die Nahrung ist dabei einfach herzustellen: Viele der wuseligen Gesellen ernähren sich von Bakterien. Die Bakterien wiederum ernähren sich von dem Heu, das dem Heuaufguss seinen Namen gibt. Praktischerweise sitzen die Bakterien auch auf dem Heu und landen so ohnehin im Glas. Wenn sich die Bakterien vermehren, sammeln sie sich an der Wasseroberfläche und bilden dort ein weißliche Haut, die sogenannte Kahmhaut. Diese zeigt, dass die größeren Mikroorganismen genug Futter haben.

Die größeren Mikroorganismen findest du am einfachsten im Wasser von natürlichen Gewässern oder in Pfützen, denn dort sind auch die Arten anzutreffen, die keine Dauerstadien bilden können, sondern darauf angewiesen sind, es immer feucht zu haben. Das ist nämlich z.B. bei Pantoffeltierchen der Fall.

Was braucht man für einen Heufauguss?

Hier ist eine kurze Checkliste mit allen Materialien, die du brauchst, um einen Heuaufguss aufzusetzen:

  • ein 1-Liter-Glas,
  • eine Handvoll Heu
  • etwa 700 ml Wasser aus einem natürlichen Gewässer inkl. etwas Sediment vom Gewässergrund
  • eine Fensterbank an einem Nordfenster
  • ein bis vier Wochen Zeit
  • die Möglichkeit, dir die Hände zu waschen

Optional sind folgende Zusätze:

  • eine Messerspitze Mutterboden (also Erde)
  • ein kleines Stück Hartkäse (z.B. Parmesan)

Beim Aufsetzen des Heuaufgusses gibst du das Heu in das Glas und gießt das Wasser darüber. Wenn mit dem Wasser noch Sediment vom Gewässergrund ins Glas gelangt, ist das sogar gut, denn so kommen noch andere Arten von Kleinstlebenwesen in den Aufguss. Mit den optionalen Zusätzen kannst du beeinflussen, welche Mikroorganismen sich besonders stark vermehren, denn du stellst weitere Nährstoffe zur Verfügung. Der Mutterboden enthält ebenfalls weitere Arten von Kleinstlebewesen.

 

Nachdem du den Heuaufguss aufgesetzt hast, stellst du ihn ohne Deckel auf eine Fensterbank an einem Nordfenster. Alternativ geht auch ein anderer Ort mit Tageslicht, aber ohne direkte Sonneneinstrahlung. Dort lässt du ihn für mindestens eine Woche und maximal vier Wochen stehen. Anschließend kannst du mit einer Pipette eine Probe ziehen, auf einen Objektträger geben und damit wie gewohnt ein Präparat herstellen (oder siehe nächster Abschnitt). Da sich im Wasser alles mögliche vermehrt, was dein Immunsystem nicht in großer Menge kennt, solltest du dir nach jedem Kontakt mit Wasser aus dem Heuaufguss die Hände gründlich mit Seife waschen.

 

Du kannst natürlich auch regelmäßig Proben ziehen, um zu dokumentieren, wie sich die Artenvielfalt im Aufguss über die Zeit verändert. Auch hier gilt: Nach jedem Kontakt mit dem Wasser aus dem Heuaufguss gründlich die Hände waschen.

Präparat herstellen und betrachten

Nachdem der Heuaufguss die gewünschte Zeit gestanden hat, saugst du mit einer Pipette etwas Flüssigkeit auf und gibst einen Tropfen auf einen Glasobjekträger. Im nächsten Schritt legst du ein Glasdeckglas vorsichtig auf diesem Tropfen ab und fixierst das Deckglas an zwei Rändern mit Tesafilm. So stellst du sicher, dass das Deckglas im Foldscope nicht verrutscht. Lege so das Präparat ins Foldscope ein. Hier gilt, wie immer: Das Deckglas muss in Richtung Linse zeigen.

 

Das so hergestellte Präparat hat üblicherweise recht wenig Kontrast. Deswegen ist es hilfreich, eine zusätzliche Lichtquelle zu verwenden. Im Idealfall ist das eine punktförmige Lichtquelle, wie beispielsweise ein Lichtmodul ohne Diffusor oder die LED eines Smartphones, die du mit einem Magnetkoppler mit dem Foldscope verbindest.

 

Nun kannst du nach Belieben die Lebewesen aus deinem Heuaufguss beobachten – vielleicht erkennst du da sogar die Wimpern einzelner Wimperntierchen.

Was kann schiefgehen?

Sollte sich im Heuaufguss nichts entwickeln, dann kann das verschiedene Gründe haben. Häufige Fehlerquellen werden im Folgenden vorgestellt:

 

Keine Startpopulation: Weil Leitungswasser und Mineralwasser für den Verzehr bestimmt sind, werden hier im Vorfeld möglichst viele Mikroorganismen rausgefiltert oder abgetötet. Das heißt gleichzeitig auch, dass hier nichts enthalten ist, was sich vermehren könnte. Der Weg zu einem natürlichen Gewässer lohnt sich also!

 

Sauerstoffmangel durch geschlossenes Glas: Im Gegensatz zu Pflanzen, die Sauerstoff produzieren, verbrauchen viele andere Lebewesen Sauerstoff. Dazu zählen auch die wuseligen Bewohner eines Heuaufgusses. Wenn du den Heuaufguss mit Deckel aufstellst, kommt kein frischer Sauerstoff hinein, die spannenden Lebewesen können sich nicht vermehren und Fäulnisbakterien gewinnen die Überhand.

 

Sauerstoffmangel durch zu viel organisches Substrat: Wenn du es mit der Heumenge zu gut meinst, verbraucht die Zersetzung des Heus schon den notwendigen Sauerstoff. Das ist dann so, als hättest du den Deckel draufgelassen: Fäulnisbakterien setzen sich gegenüber den erwünschten Individuen durch.

 

Skizze von Trichter, im Heuaufguss steht
Ein ins Glas gestellter Trichter sorgt dafür, dass sich sauerstoffverbrauchende Mikroorganismen (als grüne Punkte dargestellt) nach ein bis zwei Tagen in der Trichtertülle sammeln.

Wenn man insgesamt eine niedrige Individuendichte erwartet, kann es sich anbieten, ein bis zwei Tage vor der Probenziehung einen Trichter in das Glas zustellen. Dadurch kommt (außer in der Trichtertülle) kein frischer Sauerstoff mehr ans Wasser und die aeroben Organismen drängeln sich bei der einzigen Sauerstoffzufuhr in der Trichtertülle.

Bei diesem Blogpost handelt es sich um einen leicht veränderten Artikel vom 09.11.2020 aus der Rubrik "Präparatgedöns" in unserem digitalen Foldscope-Magazin. Wenn du solche Artikel in Zukunft auch vorab lesen möchtest, kann du das digitale Foldscope-Magazin hier abonnieren.

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Kommentare: 1
  • #1

    sushi (Mittwoch, 14 Juni 2023 12:05)

    super funktioniert