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Testbericht zur Foldscope-App

Nachdem die Foldscope-App zunächst nur für iOS verfügbar war, gibt es sie endlich auch für Android-Geräte. Damit ist die App jetzt für die meisten Foldscope-Nutzer verfügbar. Das ist ein guter Anlass, die App und ihre Funktionen vorzustellen und zu diskutieren. Für den Fall, dass die App weiterentwickelt wird: Dieser Text bezieht sich auf die App-Version 2.3.14.

Funktionen der Foldscope-App

Startseite der App zeigt Beiträge von microcosmos.foldscope.com

Screenshot der Foldscope-App
Startbildschirm der Foldscope-App

Der Startbildschirm zeigt die neuesten Posts auf microcosmos.foldscope.com und ermöglicht es, dort durch die Aufnahmen von anderen Foldscope-Nutzer*innen zu stöbern oder gezielt nach bestimmten Arten von Aufnahmen zu suchen.

Da die Microcosmos-Plattform von den Beiträgen ihrer Mitglieder lebt, erleichtert die App nicht nur das Betrachten der schon vorhandenen Beiträge, sondern bringt auch eine einfache Möglichkeit mit, dort eigene Foldscope-Aufnahmen mit Text zu versehen und als Beitrag zu posten. Die dafür vorgesehene Oberfläche kann über das Piktogramm mit einem eingerahmten Pluszeichen aufgerufen werden. Die folgenden Screenshots zeigen den Ablauf:

Zunächst wählt man die Bilder aus, die man hochladen möchte und versieht diese mit einem Titel und einer Beschreibung, ggf. einem Ort und einer Kategorie. Nachdem die Bilder zunächst verarbeitet werden, sind sie auf der Startseite für alle anderen Microcosmos-Nutzer*innen sichtbar. Der auf dem Screenshot dargestellte Beitrag ist auch über den Browser abrufbar.

Kamera mit Maßstab

Die Kamerafunktion der App öffnest du mit dem Piktogramm, das eine Linse darstellt:

Screenshot der Kamera der Foldscope-App
Kameraansicht der Foldscope-App

Ein tolles Feature der App ist, dass die integrierte Kamerafunktion bereits direkt einen kleinen Maßstab einblendet (s. Abbildung), sodass man besser einordnen kann, wie groß die sichtbaren Strukturen sind. Dieser Maßstab muss allerdings mit der Optik der Smartphone-Kamera abgestimmt werden, damit er richtige Werte anzeigt. Diese Kalibrierung wird in der aktuellen Version der App leider bisher schlecht bis gar nicht erklärt, deswegen ist sie in dem folgenden Video auch dargestellt:

Die Kalibrierung ist in der App bei den Einstellungen zu finden (Piktogramm eines Zahnrads). Du suchst dir in deiner Umgebung eine Struktur mit parallelen Linien und richtest die beiden Linien auf dem Bildschirm daran aus. Nun zoomst du mit den Fingern hin und her und variierst die Angabe, wie stark der optische Zoom der Kamera maximal vergrößert. Sobald die eingeblendeten Linien beim Zoomen auf den Linien in deiner Umgebung bleiben, ist der Maßstab kalibriert.

Der Vollständigkeit halber muss hier aber auch festgehalten werden: Die Länge des Maßstabs schien beim Testen nicht wirklich von der Kalibrierung abzuhängen.

Referenzaufnahmen

Bei vielen Präparaten weiß man, was man vor sich hat – wenn du ein Blütenblatt präparierst, siehst du im Foldscope eben dieses Blütenblatt. Wenn du dir den Flügel einer Stechmücke anschaust, ist schnell klar, dass du Strukturen des entsprechenden Flügels stark vergrößert siehst.

Ganz anders ist dies allerdings bei Proben, die Mikroorganismen oder Plankton enthalten, denn dort weiß man nicht unbedingt, welche Individuen im Präparat gelandet sind. Extra für diesen Fall gibt es die Möglichkeit, die beobachteten Individuen automatisiert zu klassifizieren, also erkennen zu lassen. Dazu ruft man ein Bild in der Galerie auf (zu finden beim Piktogramm eines Fotos) und gibt der App kurz Zeit, das Bild zu analysieren. Nach wenigen Sekunden wird eingeblendet, worum es sich bei dem Präparat handeln könnte, einschließlich einer Wahrscheinlichkeit dazu. In dem zugehörigen Bildschirmfoto wurde ein Dauerpräparat eines Hüpferlings analysiert und korrekt als Ruderfußkrebs (engl. "copepod") erkannt. Allerdings ist diese Klassifizierung recht unsicher (13%), was daran liegen könnte, dass die Klassifikation nicht auf Dauerpräparate ausgelegt ist.

Zwei Screenshots der Galerieansicht der Foldscope-App
Galerieansicht mit Klassifikationsfunktion

Kritische Bewertung

Die Beurteilung der App fällt im Moment noch uneindeutig aus:

Gute Features der Foldscope-App

Ein gutes Feature der App ist die Einblendung des Maßstabs in Bilder, die mit der App aufgenommen werden, sodass sich auch im Nachhinein unkompliziert nachvollziehen lässt, wie groß die sichtbaren Objekte sind.

Eine herausragende Idee ist die Option zur computergestützten Klassifikation von Mikroorganismen und Makroinvertebraten. Während diese zwar bei den Tests mit ausschließlich Dauerpräparaten nicht sehr zuverlässig war, bleibt zu hoffen, dass dieses Feature in Zukunft verbessert (robustere Klassifikation der Gattungen) und ausgebaut wird (mehr Gattungen können erkannt werden).

Nicht genutzte Chancen der Foldscope-App

Einen großen Nachteil importiert die App dadurch, dass sie ein Zugang zur Microcosmos-Plattform ist und so dessen Vielsprachigkeit mitbringt. Während die Englischsprachigkeit der App noch nicht für alle ein Hindernis ist, stoßen auf der Microcosmos-Plattform wohl alle Nutzer*innen an ihre sprachlichen Grenzen, denn z.B. ein Beitrag in Hindi oder Thai ist für deutschsprachige Nutzer nicht zu verstehen und somit irrelevant. Eine Möglichkeit, die Beiträge nach Sprachen zu filtern, wäre von Vorteil.

Unabhängig von einzelnen Funktionen bleibt hier noch festzuhalten, dass die App während der Tests für diesen Artikel z.T. Schwierigkeiten hatte, die Zugriffsrechte auf dem Smartphone zu verwalten, sodass sie ab und zu neu installiert und neu kalibriert werden musste, um wieder Aufnahmen machen zu können. Dieser Bug wird hoffentlich mit dem nächsten Update behoben.

Fazit

Während die App einige gute Ideen umsetzt, bringt sie auch große Hürden mit sich, die ihre Verbreitung bremsen werden. Somit bleibt zu hoffen, dass die Entwickler noch etwas nacharbeiten.

Und abschließend noch ein Kommentar in eigener Sache: In der App gibt es nur einen Link zum Onlineshop foldscope.com – glücklicherweise wissen diejenigen, die gerade diesen Text lesen, vermutlich schon, dass man Foldscopes auch direkt in Deutschland bestellen kann 😉.

Bei diesem Blogpost handelt es sich um einen leicht veränderten Artikel vom 31.03.2021 aus der Rubrik "Update aus dem Foldscope-Universum" in unserem digitalen Foldscope-Magazin. Wenn du solche Artikel in Zukunft auch vorab lesen möchtest, kann du das digitale Foldscope-Magazin hier abonnieren.